… für Heike! Nach rund 150 Kilometern Fahrtstrecke rund um das Bassin d´Arcachon und seine sonnendurchfluteten Ortschaften, entlang der Seenroute durch das Medoc bis hinauf fast in die Spitze der Halbinsel, welche die westliche Seite der Gironde-Mündung bildet. Le Gurp gehört zur Gemeinde Grayan et l´Hopital, und besteht eigentlich nur aus dem kommunalen Campingplatz mit sehr moderaten Preisen und der zugehörigen touristischen Infrastruktur, vor allem Bars, Läden und Angebote zur Freizeitbeschäftigung.  Der Ort bringt alles mit, was die Kaschubin selig macht: Der Campingplatz liegt in einem halbschattigen, locker bestandenen Kiefernwald, wie er typisch ist für die Sandböden der Gegend. Eine ständige sanfte Brise macht selbst die aktuelle Hitzewelle von bis zu 36 Grad erträglich, und wir haben einen der wenigen freien und hochbegehrten Standplätze mit Strom ergattert, dazu noch einen, der viel Platz bietet und so gelegen ist, dass wir nur auf einer Seite Nachbarn haben: Ein freundliches älteres Paar aus Dänemark.
Vor allem aber gibt’s hier Strand und Meer und Wellen, soweit das Auge reicht und die Füße tragen – und die der Kaschubin tragen weit, das will ich hier betonen. Vor allem aber gibt es hier eine Surfschule. Dazu muss man wissen, das es zu Heikes großen Träumen gehört, einmal auf einem Surfbrett zu stehen und eine Welle zu reiten. Ein Traum, den sie sich aufgrund ihrer Krankheit beinahe schon aus dem Kopf geschlagen hatte. Und schließlich, betonte sie bei mancher Gelegenheit, wenn wir darüber sprachen, sei sie ja auch nicht mehr die Jüngste. Zählen wir nun mehrere Faktoren zusammen: Ein freundlicher, deutsch sprechender Mensch an der Rezeption der Surfschule, ein freier Platz in einem der Schnupperkurse, ein Lebensgefährte, der noch nach einem Geschenk zu seiner Liebsten Geburtstag suchte, und deren begeistert glänzende Augen. Zack war der Kurs gebucht, schon am nächsten Tag sollte er starten.
Pünktlich um halb 11 Uhr fanden wir uns an der Surfschule ein, wobei Heike ob ihrer eigenen Courage ganz schön mulmig war. Was, wenn sie sich zu dumm anstellen würde? Was, wenn sie nicht stark genug war, es kräftemäßig nicht schaffen würde? Was, wenn ihr das kalte Wasser zu schaffen machen würde – eine Frage die niemand, der nicht auch unter Missempfindungen leidet, nachvollziehen kann. Heike überspielte ihre Ängste und Unsicherheiten wie immer mit besonderer Fröhlichkeit und Gelassenheit, schlüpfte in einen Neoprenanzug, schnappte sich wie die rund zehn weiteren Kursteilnehmer ein Surfbrett und los ging´s an den Strand. Wer mich kennt, weiß: Nilpferde surfen nicht! Also hielt ich mich mit den Hunden als Beobachter außerhalb des Wassers, natürlich mit der Kamera bewaffnet.
Apropos bewaffnet… Der Strand von Le Gurp hält auch für mich, den Geschichtsinteressierten, eine besondere Attraktion bereit. Halbversunken im Sand liegen hier die Überreste eines Teils der ehemaligen Festung Gironde-Süd, die zum Atlantikwall gehörte, errichtet von den Nazis im Zweiten Weltkrieg mit „Hilfe“ von Zwangsarbeitern. Es handelt sich um Betonunterstände verschiedenen Zuschnitts, die ursprünglich in die Dünenlandschaft der Küste eingebaut waren. In dem Maße, wie Stürme und Fluten an der Küstenlinie nagten, wurden die Bunker nach dem Krieg allmählich ausgewaschen, bis sie in den 1970er Jahren ganz freigelegt waren und begannen, im Strand zu versinken. Mahnmale des Größenwahns und der Vergänglichkeit, die heute mit Graffiti verziert den Strandbesuchern als willkommene Schattenspender und Windschutz dienen.
Heike hatte inzwischen den kurzen Theorie-Teil absolviert und durfte mit den anderen Kursteilnehmern samt Brett ins Wasser. Dabei ging es zunächst darum, bäuchlings auf dem Brett den richtigen Zeitpunkt zu erlernen, ab dem man eine Welle erfolgreich reiten kann. Nachdem die Surfaspiranten das einigermaßen raus hatten, kam das eigentlich Schwierige: Lernen, sich dabei auf dem Brett aufzurichten und zu stehen. Und was soll ich sagen: Nach einigen Trockenübungen und ersten noch etwas ungelenken Versuchen stand meine Maus auf dem Surfbrett! Sie glitt mit einer Welle dahin, ein Strahlen im Gesicht, das dem der Sonne (die an diesem Tag alles gab) in nichts nachstand. Und am Strand, knapp oberhalb des Spülsaumes, stand ich, stolz wie Bolle auf meine Süße und fotografierte was das Zeug hielt. Danach war klar: Heike würde noch weitere Surfstunden nehmen und wir noch einige weitere Tage in Le Gurp verbringen, auch, weil, wie sie es betonte, sie hier so richtig zur Ruhe kommen könne.

2 Kommentare

  1. Ralf
    21. Juli 2016

    Wo gibt’s so etwas eine surfende kaschubische Pommeranze? Stark das du dich getraut hast, meistens macht man so etwas nur wenn noch einer dabei ist der auch mitmacht. Mach weiter so und noch einen schönen Resturlaub. LG Ralf

  2. Bernd
    27. Juli 2016

    Mensch Heike, du siehst so glücklich aus. Ein wenig nimmst du mich mit. Das du dir das getraut hast und auch geschafft hast zeigt uns was wir alles schaffen wenn wir wollen. Gruß Bernd