…dringen der Ford Transit und seine tapfere Crew in Geschwindigkeitsbereiche vor, die noch nie ein 87er Nugget Diesel gesehen hat…

… ehrlich! Auf der Autobahn, so richtig heiß gefahren, prescht unser Camper mit seinem schwachbrüstigen 62PS Saugdiesel mit bis zu 130 Sachen dahin – brummend und dröhnend, dass es einem Panzer zur Ehre gereichen würde, aber immerhin. Gang zurück schalten, und bei Seitenwind… olala!.. aber insgesamt sind wir flotter unterwegs als gedacht.

Dompteuse der wilden Fuhre ist Heike, die einer Familie von mittelalterlichen Dromedar-Zureitern entstammt, deren Mitglieder in der Neuzeit auf Lastwagen umgestiegen und vor allem in den abgelegenen Bergregionen Kaschubiens unterwegs sind. Kurzum: bockige, schwerfällige Untersätze sind sie seit Generationen gewohnt, womit sich die Souveränität erklärt, mit der Heike unser fast 30 Jahre altes Campingmobil durch Frankreich steuert.

Es handelt sich dabei – das mag zur Erklärung dienen, eben nicht um eines jener raren Juwele, welche die Zeiten fast unverändert überdauert haben – tiptop in Schuss und ohne Makel. Nein, an unserem Nugget nagt die braune Pest, und man mag gar nicht so genau hinsehen, wo überall. Immerhin – es reichte für die Tüv-Abnahme und die Einrichtung funktioniert tadellos: Bordelektrik, Gasanlage, Herd und Kühlschrank versehen besser als gedacht ihren Dienst.
Wo war ich – ach ja. Heike am Steuer. Was bin ich froh. Für mich ist dieses endlose Gegurke in starrer Haltung nichts. Ich bekomme Schmerzen im Knie und im Gasfuß, nach einer Weile quälen mich Anfälle von Sekundenschlaf. Heike hingegen… ich sag nur Kaschubien. Triumphierend zählt sie den Countdown herunter, wenn wir mal wieder 100 km geschafft haben, … drei… zwo… eins… alle 100 Meter, gefolgt von an Kriegsgeheul erinnernden Lauten (Kaschubisch?), wenn die letzten beiden Tachostellen auf Null springen.

Ich hingegen bin froh, wenn ich mal ein Nickerchen machen kann und die Beine ausstrecken. Oder vor mich hinsinnieren und Unfug ausdenken.
Ich denke zum Beispiel, dass es an der Zeit wäre, mal etwas zum Thema Kaschubien zu sagen. Über dieses Land ist wenig bekannt, und das Wenige, das wir wissen, beruht auf den Schilderungen des Forschungsreisenden Walter Moers in den 1980er Jahren, der seinerzeit zum ersten Mal über die kaschubischen Riesenbergbauern berichtete. Sie gehören zu einer ganzen Reihe obskurer Volksgruppen, die sich oft saisonal unterschiedlichen Erwerbszweigen widmen. So verlegen sich die Riesenschafhirten im Winter auf das Dromedar-Zureiten, wohl auch, weil das wenigstens für eine gewisse Zeit des Tages einen warmen Hintern verschafft. Ebenso wie das Lastwagen-Fahren, was darüber hinaus ermöglicht, auf dem heißen Motor sein Essen zuzubereiten. So traditionell die Kaschuben auch sein mögen – es ist nicht so das sie die Vorzüge der Zivilisation nicht zu schätzen wüssten. Dass wir über Kaschubien noch immer nicht viel mehr wissen, liegt auch daran, dass Moers es leider versäumte, genauere Angaben zu Lage des Landes zu machen. Sicher scheint nur, das es in einem Hochgebirge liegt. Ob aber nun in einer abgelegenen Region der Karpaten, wie von vielen Kennern der Materie präferiet, oder in den unzugänglichen Teilen der Pyrenäen, wie eine Minderheit der Gelehrten behauptet, muss dahin gestellt bleiben. Auch für die von dieser Gruppe gelegentlich verbreitete Theorie, Kaschubien sei in Wirklichkeit identisch mit Andorra, fehlt jeder Beleg. Der Hinweis, für diese Theorie spreche allein schon die Fahrweise andorranischer Autofahrer, erscheint auf den ersten Blick zwar schlüssig, entbehrt allerdings jeglicher faktischer Untermauerung. Ganz Schlauen, die an dieser Stelle einwenden, dass mit Kaschubien ja wohl eindeutig die Kaschubei gemeint sei, sei entgegengeschleudert, dass dieser Landstrich in Polen mit maximal 331 Metern über dem Meeresspiegel jeder Hochgebirgslage entbehrt und daher unmöglich gemeint sein kann.
Auch Heike kann da wenig Aufklärung bieten, da sie und ihre Eltern selbst das Land ihrer Ahnen nur vom Hörensagen kennen. Sie bereitet ihr Essen wie die meisten von uns inzwischen auf einem Herd zu, auch wenn sie noch manchmal versucht, die Motorhaube über dem Kochtopf zu schließen.

So sind wir nun also unterwegs auf unserem zweiten gemeinsamen Frankreich-Trip, anstatt Kaschubien zu erkunden. Und mal wieder ist völlig offen, wo wir am Ende landen werden.

4 Kommentare

  1. Ulrich Kno
    8. Juli 2016

    130km kann ich garnicht glauben, bestimmt an einem Abschleppseil von einem Porsche, Ne super, weiter so, dringt weiter ins Landesinnere vor in Gegende die Thomse noch.nie gesehen hat!!!!!!

  2. Ralf
    8. Juli 2016

    130 km/h wer weiß, vielleicht ist noch ein versteckter Motor eingebaut. Auf alle Fälle, viel Spaß und das passende Wetter.

  3. Mandraguas
    9. Juli 2016

    Ich geh jetzt mal nicht näher auf — äh Kaschubien (??!!) ein,
    nein, vielmehr finde ich die gewagte Konstruktion der Küchenrolle als Dunstabzugshaube über dem Würstcheneintopf sehr originell.
    Lasst mich raten: Auch das war Heikes Idee?
    Ach, was frag ich eigentlich so naiv?

  4. Britta
    27. Juli 2016

    Ich dachte zum Thema Kaschubien einen sehr netten Film (Ausgerechnet Sibirien) in Erinnerung zu haben, es war allerdings eine schorische Frau, in die sich der „Held“ verliebte…auf jeden Fall sehenswert, falls noch nicht bekannt. Ich wünsche Euch noch eine schöne Reise, nette Begegnungen und tolle Landschaften (für viele, schöne Fotos)